Strategiegespräch mit Christian Underwood und Professor Dr. Jürgen Weigand
Chaos und Ordnung, Yin und Yang… Führung und Strategie! Ist euch schon mal aufgefallen, dass fast alles auf der Welt einen absolut notwendigen Gegenpol hat, zwei entgegengesetzte Kräfte die miteinander im Einklang stehen? Was hier klingt wie esoterischer Kram, beeinflusst auch unser aller Unternehmensalltag. Zweifelsfrei sind im unternehmerischen Kontext keine anderen Begriffe so gefragt wie Führung und Strategie, aber kann das eine unabhängig vom anderen existieren oder sind sie so elementar zusammenhängend wie Ebbe und Flut?
Christian und Jürgen sind da einer Meinung: Ohne Führung keine Strategie und ohne Strategie keine Führung. Wenn man keine Strategie hat, dann weiß die Organisation nicht, wo sie hinlaufen soll. Wenn man als oberste Führungskraft keine Richtung vorgibt (Achtung unpopular opinion - neben aller Agilität, und auch wenn es echt nett ist, dass sich alle lieb haben, ist es wirklich erforderlich, dass es noch jemanden gibt, der den Weg in die richtige Richtung weist), dann ist es so, als würde man auf dem Meer herumschippern und nicht wissen, welchen Hafen man ansteuern möchte.
Man muss also immer wissen, wie kommen wir zum Ziel und wie schaffen wir es die Organisation erfolgreich zu gestalten, auch wenn uns harte Zeiten mit viel Wellengang und etlichen Eisbergen bevorstehen. Das, und wo genau der Zusammenhang zwischen guter Führung und Strategie liegt, erfahrt ihr in unserer neuen Folge im Strategiegespräch von Hoffnung ist keine Strategie.
SHOWNOTES:
Christian Underwood
Prof. Jürgen Weigand und https://www.juergenweigand.com
Underwood GmbH
Hoffnung ist keine Strategie
WHU
Pater Anselm Grün
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Detaillierte Folgenbeschreibung:
Inhaltsverzeichnis:
- Zusammenhang zwischen Führung und Strategie
- Die Begriffe Strategie und Führung
- Was eine gute Führung ausmacht
- Shared Leadership
- Das Leadership Credo
- Man lernt nie aus
- Die Rolle der Demut
- Ratschlag: Feedback einholen
- Kontakt
- Shownotes
Die heutige Folge steht unter der Leitfrage: Braucht gute Führung überhaupt Strategie?
Zusammenhang zwischen Führung und Strategie
Jürgen Weigand hat bei dem Thema ein klares Credo: Ohne Führung keine Strategie und ohne Strategie keine Führung. Denn ohne Führung, ist in der Organisation nicht klar, was gemacht werden soll. Jeder würde machen, was er für das Beste und Richtige hält. Wenn die oberste Führungskraft keine Richtung vorgibt, ist das vergleichbar mit einem Boot, welches auf dem Meer fährt und nicht weiß in welchen Hafen es einlaufen möchte und sollte.In dem anderen Fall hingegen, wenn es eine Führung gibt, aber keine Strategie, kommt es weniger auf die Zielfrage an. Hier steht die Frage im Vordergrund, wie der Weg zu genau diesem Ziel gelingt. Wie kann die Organisation erfolgreich gestaltet und auch in schwierigen Zeiten am Leben gehalten werden? Genau dafür braucht es die Kombination aus Führung Strategie.
Die Begriffe Führung und Strategie
Bereits im historischen Kontext kann man den engen Zusammenhang der Begriffe erkennen. Beide Begrifflichkeiten wurden früher in einem Wort vereint. Der Strategos war der Führer der Armee, Stratos war das Heer und Strategia die Strategie. Damals stellte man sich die Frage, wie das Heer zu den gesetzten Zielen geführt werden könnte. Diese Fragestellung lässt sich auch heute gut auf Unternehmen übertragen.In der aktuellen, business relevanten Fachliteratur lässt sich die enge Verbundenheit der Themen Führung und Strategie klar erkennen. Eine Wortsuche der Harvard Business Review kam zu dem Ergebnis, dass Führungsstrategie ganz oben bei den Suchbegriffen verankert ist. Jedoch wurde zeitgleich herausgefunden, dass die obersten Führungskräfte extrem wenig Zeit haben, die sie für Strategie aufwenden können. Weniger als 10% ihrer gesamten Arbeitszeit können sie für strategisches Denken einsetzen, was eine bedenkliche Entwicklung darstellt. Wenn Führung und Strategie gleichwertig sind, aber kaum Zeit verwendet wird, um strategisch zu führen, dann sollten hier tiefergehende Nachforschungen stattfinden. Was sind die Umstände und wieso verläuft die Entwicklung auf diese Weise?
Was eine gute Führung ausmacht
Gute Führung liegt dann vor, wenn einem die unterschiedlichen Dimensionen der Führung bewusst sind. Die bekannteste Dimension ist: “Ich führe andere und ich bin qualifiziert andere zu führen.” Allerdings gibt es zwei weitere Dimensionen - die Dimension der Selbstführung: “Ich führe mich selbst. Ich glaube, ich kann nur eine sehr gute Führungskraft sein, wenn ich in der Lage bin, mich selbst sehr gut zu führen.” und die Dimension des “Führen-lassens”: Bereit zu sein, sich auch von anderen führen zu lassen. Selbst als Vorstandsvorsitzender eines Großunternehmens kann nicht frei entschieden werden, was man machen möchte. Formell hat ohnehin ein Aufsichtsrat ein Auge auf die Aktivitäten. Dennoch ist es immer ratsam auf andere zu hören, die einen in der Führung unterstützen wollen. Die Außenansicht kann manchmal sehr hilfreich sein, um sich selbst und seine eigenen Vorgehensweisen besser einzuordnen. Es kann vorkommen, dass man glaubt gut zu führen, aber die, die man führt sehen das ganz anders. Diese Sicht von Außen ist ganz wichtig, um zu überprüfen, wie gut die eigene Führung bewertet wird.Auch im Privatleben gibt es Situationen und Wege sich führen zu lassen. Eine Variante ist es beispielsweise, sich von Gott führen lassen. Aber auch Zuhause gibt es vielleicht einen Partner, der einen ein Stück weit führt und es kann sehr hilfreich sein, sich auch diese Perspektive einmal näher anzusehen. Mit Partnern, die nicht im eigenen Unternehmen arbeiten, können Dinge anders durchdacht und hinterfragt werden. Jeder kann einen Nutzen daraus ziehen, dies für sich selber zu tun.
Shared Leadership
Aktuell verändert sich – zumindest in den Diskussionen in den Unternehmen - Führung sehr stark. Häufig gibt es old-school-geprägte Führungskräfte, die in den letzten 30-50 Jahren durch eine alte, harte Schule gegangen sind. Da gab es Top-down-Entscheidung, die Strategie wurde von dem Vorstand festgesetzt und die Entscheidungen mussten dann im Unternehmen umgesetzt werden. Also Befehl und Gehorsam - der klassischste aller Wege. Aktuell geht die Tendenz bei Organisationen hingegen dahin, dass es fast keinen Einzelnen mehr gibt, der führt. Es wird häufig in Teams geführt oder Teams führen sich selbst. Um in solch einem Kontext eine funktionierende Strategie umzusetzen ist Kommunikation und ein Strategiediskurs der Schlüssel. Letztendlich müssen aber Entscheidungen von jemandem getroffen werden und vor allem die Verantwortung für diese Entscheidungen muss eine Person tragen.
Aber Shared Leadership sowie die Einbindung der Teammitglieder aus verschiedenen Hierarchien kann durchaus sinnvoll sein. Es geht dabei nicht um die Dienstgrade, sondern um die Kompetenzen und die Fähigkeiten in gewissen Entscheidungssituationen. Wenn jemand anderes der Fachexperte ist, ist es sinnvoll und schlau nicht alleine die endgültige Entscheidung zu treffen, sondern den Rat des Fachexperten hinzuzuziehen. Allerdings ist es immer wichtig, klar zu machen, dass nicht nur verantwortungsvoll entschieden, sondern auch die Verantwortung für eben diese Entscheidungen getragen werden muss. Bei Shared Leadership kann es leicht passieren, dass wenn der Plan nicht funktioniert, ein Blame Game stattfindet und dem Team die Schuld zugeschoben wird, was nicht passieren darf. Deswegen sollte jeder verantwortungsvoll Führende, sich über die Verantwortung bewusst sein und die Konsequenzen auf sich nehmen. In der Praxis lassen sich häufig Führungskräfte beobachten, welche die Schuld auf ihr Team schieben. Eine gute Führungskraft muss sich allerdings auch in diesem Fall vor das eigene Team stellen und die Verantwortung übernehmen, denn entweder wurde das Team von der Führungskraft falsch zusammengestellt oder sie konnte es nicht richtig motivieren oder kommunizieren. Auf jeden Fall muss die Führungskraft die Hauptverantwortung tragen, was leider häufig nicht passiert. Die Führungskräfte sind oft durch eine gewisse Fachkompetenz in ihre Position gekommen, das heißt allerdings noch nicht, dass diese Führungskompetenz dort auch vorhanden ist.
Das Leadership Credo
Das Leadership Credo ist der Abschluss in den MBA Programmen an der WHU. Um dessen Zweck besser zu erklären, muss zurück zum Anfang des Programms geblickt werden. Dort gehen die Teilnehmer durch den Kurs “Persönliche Entwicklung, persönliches Wachstum”. In diesem werden sie damit konfrontiert, dass sie nicht über andere nachdenken und nicht Wissen von anderen präsentieren sollen, sondern Wissen über sich selbst generieren. Im Mittelpunkt stehen die Fragen: Wer bin ich? Wofür stehe ich? Was sind eigentlich meine Werte im Leben? Wie will ich diese Werte in meinem täglichen Handeln als Mitarbeiter oder später auch als Führungskraft einsetzen, sodass das, was ich mache wirklich konsistent ist? Also nur dann bin ich authentisch. Das, was ich nach außen trage, was ich sage und tue, ist das, was ich wirklich auch fühle und machen will. Die Teilnehmer sind dann immer erst sehr schockiert, dass sie über sich selbst nachdenken und sich öffnen sollen. Aber sie lernen relativ schnell, dass dies sehr hilfreich sein kann. Das Ganze läuft natürlich auch in einem geschützten Rahmen ab. Alles, was gesagt wird, bleibt in einem Raum und die Teilnehmer können sich frei entwickeln. Es gibt verschiedene Elemente über das Programm hinweg, wo dies weitergeführt wird und am Ende kommt das Leadership Credo. Dort müssen alle Teilnehmer*innen sagen, woran sie glauben. Credo steht schließlich für “ich glaube”. Die eigenen Prinzipien und Grundsätze sollen beleuchtet werden. Der Vortrag ist verknüpft mit einer eigenen Geschichte. Also kann nicht irgendeine Geschichte von jemand anderem erzählt werden, sondern sie müssen ihre eigene Geschichte, ein Element aus ihrer Geschichte aufführen und das verknüpfen mit dem, wofür sie stehen - zum Beispiel einem Wert oder einem Führungsprinzip. Der Gruppe sollen sie damit zeigen, wofür sie stehen, wer sie sind und wie sie authentisch und auch ethisch, moralisch korrekt in der Zukunft andere und sich selber führen wollen.
Man lernt nie aus
Bei der Finanzkrise vor einigen Jahren konnte man sehen, dass nicht immer alle ethisch korrekt oder auch integer handeln. Dieses authentische Führen ist durchaus auch anstrengend, da man sich an der Stelle auch präsentieren muss. Aktuell gibt es einige Artikel über den Volkswagen-CEO Herrn Diess, der sozusagen in Social Media auf die strategischen Ziele des Unternehmens einzahlt und deshalb persönlich gar nicht so authentisch sein kann. Dieser spannende Punkt begegnet einem durchaus häufiger in Unternehmen, wo Führungskräfte oft viel mehr wollen, sogar benennen, aber sich dann manchmal selber im Wege stehen. Selbst wenn sie es aufgezeigt bekommen, schaffen sie den Schritt nicht, wirklich über ihren eigenen Schatten zu springen und sie selbst zu sein. Der Trugschluss ist, dass man das einmalig - zum Beispiel in einem Coaching - erlernen kann, jedoch ist dies ein Prozess, eine nie endende Lernreise.Viele Führungskräfte denken irgendwann, dass sie in ihrer Position alles verinnerlicht haben. Sie wissen und können alles. Dann erlebt man Situationen, in denen man mit ihnen bespricht, wer an solch einem Programm teilnehmen könnte und dann schlagen sie einen Mitarbeiter vor, da sie denken, dass sie schon ausgelernt haben und deshalb nicht mehr benötigen. Das Wichtigste ist immer, sich selber regelmäßig zu hinterfragen, sich bewusst zu machen, dass man ewig Schüler bleibt und immer etwas dazulernen kann - vor allem auch über sich selbst. Diese Einsicht, die manche dann bekommen, ist sehr hilfreich und die setzen sich dann auch durch und setzen Dinge um. Bei den anderen folgt leider auf das Wort selten die Tat. Hinzufügend - um kurz zu dem Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen, Herr Diess, zurückzukommen - muss gesagt werden, dass dieser natürlich unter Restriktionen handelt. Die Strategiewende, die er herbeiführen soll, wird massiv vom Aufsichtsrat gefordert. Er steht unter großem Druck, unabhängig davon, was seine persönlichen Werte sind. Der Druck kommt von oben, da ist es nicht immer ganz einfach, den eigenen Weg zu gehen. Da muss man auch Mut haben, wenn man dann feststellt, dass man dies nicht umsetzen kann. Hieraus lässt sich ein genereller Rat ableiten: Die größte Macht, die wir haben, ist die Macht wegzugehen und nein zu sagen – The power to walk away. Das muss auch durchgezogen werden, wenn die eigene Authentizität nicht mehr kongruent ist mit der, was man im Unternehmen findet. Dann müssen Konsequenzen gezogen werden und man sollte gehen. Dies ist natürlich auch davon abhängig in welcher Position man sich befindet und in welchem Alter. Grundsätzlich muss sich dies vor Augen gehalten werden, wenn man eine integre Person ist, müssen beide Sachen wirklich harmonieren.
Die Rolle der Demut
Eine sehr wichtige Sache, die aus dem Programm mitgenommen werden kann und die auch in unseren Podcastfolgen schon häufig gefallen ist, nennt sich Demut. Also die Demut auch anzunehmen, nicht perfekt und allwissend zu sein.Ein passendes Zitat von Pater Anselm Grün zu dem Thema, das sich durchaus in der Realität wiederfinden lässt, lautet: “Demut ist der Mut, sich den eigenen Schatten anzusehen”. Der Pater und Vielschreiber der Benediktiner in Unterfranken, den sicherlich einige kennen, hebt in seinen Seminaren den Begriff Demut immer hervor. Also sehr gute Führungskräfte lassen sich daran erkennen, dass sie demütig sind, dass sie dankbar dafür sind, was sie erreicht haben und was ihnen Gutes getan wurde. Hierbei geht es nicht in erster Linie darum, was sie anderen Gutes getan haben, sondern wofür sie persönlich dankbar sein müssen. Diese Führungskräfte haben ein anderes Auftreten nach außen, als diejenigen, die sich für allwissend halten. Demütige Führungskräfte sind diejenigen, die nicht mehr aufhören zu lernen und noch einen Schritt weitergehen wollen, wenn sie den einen oder anderen Schatten bei sich bemerken. Schatten sind etwas, das nicht alleine gesehen werden kann, dafür benötigt es andere, die einem die eigenen Schatten aufzeigen. Zum Beispiel bei Personen, die übermäßig freundlich sind, sollte man ein bisschen vorsichtig sein, da diese etwas Negatives oder Aggressives im Schatten haben könnten. Wenn man sich seiner eigenen Schatten nicht bewusst ist, braucht es andere, die einen darauf aufmerksam machen. Wenn man darüber hinaus willens ist, dann ist man auch demütig.Pater Anselm Grün ist in den Shownotes verlinkt, für diejenigen die ihn noch nicht kennen und noch nicht von Ihm davon gehört haben - was fast unmöglich ist. Aber es gibt immer noch Dinge, die man neu entdecken kann und dafür ist der Podcast eben auch da. An den Seminaren von Pater Anselm Grün teilzunehmen ist schwierig, die Warteliste dauert ein paar Jahre. Allerdings gibt es einige wirklich sehr empfehlenswerte Videos, Bücher und Hörbücher von ihm.
Ratschlag: Feedback einholen
Um als Führungskraft seine Führung regelmäßig zu überprüfen, ist der einfachste Weg Feedback einzuholen. Dieses sollte nicht nur von denen kommen, denen man sowieso vertraut, wie zum Beispiel Freunden und der Familie. Sondern möglicherweise auch von kritischen Geistern, die aus der eigenen Organisation oder auch von außerhalb kommen können. Feedback kann weh tun. Jeder möchte gutes hören und dann kann es aber eben auch vorkommen, dass eine kritische Anmerkung getätigt wird, die einem aber zum Nachdenken veranlassen sollte. Es sollte hinterfragt werden, warum diese Person das über einen selbst meint. Also Feedback einholen und das Feedback produktiv verarbeiten. Anschließend, wenn man glaubt man hätte das Feedback gut umgesetzt, sollte man zu dieser Person zurückgehen, ihr die Veränderungen zeigen und erneut nach ihrer Sichtweise fragen – hat man sich wirklich weiterentwickelt oder wo fehlt eventuell noch etwas?
Kontakt
Das Thema Feedback wollen wir auch an sie Zuhörer weitergeben – gebt uns bitte euer Feedback. Was wollt ihr hören? Gefällt euch das, was wir machen? Habt ihr Themen, die euch besonders interessieren? Dann seid so nett und schreibt euer Feedback in die Kommentare oder Bewertungen, gerne auf allen Social-Media-Kanälen oder auch als E-Mail an christian@underwood.de. Wir freuen uns auf euer ehrliches Feedback und greifen das gerne in einer der nächsten Folgen konkret auf.
SHOWNOTES:
Prof. Jürgen Weigand und https://www.juergenweigand.com
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