Christian Underwood im Gespräch mit Kerstin Hochmüller, CEO der Marantec Company Group
In dieser Folge sprechen wir mit Kerstin Hochmüller darüber, wie man einen waschechten Mittelständler aus Ostwestfalen in die Zukunft führt, warum Geheimniskrämereien kein Erfolgsrezept mehr für Hidden Champions sind und wieso mehr deutsche Mittelständler dem Vorbild des Open Champions folgen sollten.
Der Mittelstand gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Bei den Herausforderungen der heutigen und zukünftigen Zeit und den Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle muss die Geheimniskrämerei abgeschafft werden. Wer auch in Zukunft noch etwas bewegen will, der sollte offen sein und bewusst den Austausch suchen. Zu oft hört man aus Unternehmen: „Wir haben selbst noch genug Ideen“, aber Kerstin glaubt nicht, dass diese Ideen gut genug sind, um sich erfolgreich den komplexen Herausforderungen stellen zu können. Deshalb ist sie der festen Überzeugung, dass ein ehrlicher und offener Austausch des Mittelstands in Verbindung mit Start-ups unverzichtbar ist, um einzigartige Innovationen hervorzubringen.
Auf dieser Basis ist auf dem Weg ihrer Transformation die Open-Champion-Methode entstanden.
Diese besteht im Wesentlichen aus vier Säulen:
1. Das Beste vom Hidden Champion nutzen und Champion zu bleiben.
2. Open Innovation: Innovationen finden nicht nur intern statt, sondern werden vor allem auch mit externen Partnern erschlossen. Der Erfahrung von Kerstin nach werden die Innovationen dann größer und besser.
3. Kooperationen: Bei einer Zusammenarbeit muss auf Augenhöhe miteinander umgegangen werden und alle Beteiligten sollten etwas davon mitnehmen – eine echte Win-win-Situation.
4. Leadership: Jeder im Unternehmen sollte befähigt werden, eigenverantwortlich und unternehmerisch unterwegs zu sein.
Wie genau Kerstin die Open-Champion-Methode in der Marantec Company Group an den Start gebracht hat, weshalb sie ihre Unternehmenskultur dafür nicht ändern wollte und was es für sie heißt, das coolste Unternehmen für leistungsstarke Antriebssysteme zu sein, erfahrt ihr in unserer neuen Folge von HIKS „We are open champions“.
Detaillierter Inhalt dieser Folge:
In dieser Folge spricht Christian Underwood mit Kerstin Hochmüller, CEO der Marantec Company Group, über die Reise vom Hidden Champion zum Open Champion.
Ausgangslage der Marantec Company Group:
Die Marantec Company Group ist eine mittelständische Unternehmensgruppe aus Ostwestfalen, die auf leistungsstarke Antriebssysteme spezialisiert und in 70 Ländern aktiv ist.
Vor acht Jahren wurde die bis dahin klassische Unternehmensstruktur, bestehend aus zwei Geschäftsführern, die das Unternehmen operativ geleitet haben, sukzessive aufgebrochen und die Hierarchieebenen wurden abgebaut. Hierbei wurde darauf geachtet, sich in der Breite aufzustellen und miteinander zu wirtschaften, statt die Verantwortung auf eine Person allein zu übertragen.
Ziel: das coolste Unternehmen für Antriebe mit einem Öko-System von Start-ups und Mittelständlern werden, die voneinander lernen:
„Cool“ wird zunächst einmal von Kerstin Hochmüller näher definiert. „Coolstes Unternehmen“ bedeutet für sie, dass die eigenen Mitarbeiter gerne in dem Unternehmen arbeiten und sich einbringen sowie entwickeln können. Auch die Kooperationspartner und Kunden sollen sich bei der Zusammenarbeit wohl fühlen. Bei der Wahl, wo man arbeitet oder mit wem man zusammenarbeitet, sollten sich die Stakeholder dann für das coolste Unternehmen entscheiden. Am wichtigsten ist Kerstin dabei, sich gleichberechtigt auf Augenhöhe zu bewegen. Diesen Netzwerk- und Kooperationsgedanken sollte man dabei nicht nur in der eigenen Organisation leben, sondern auch nach außen tragen. In der Zusammenarbeit liegt das Hauptaugenmerk darauf, zu schauen, was man gemeinsam tun kann. Alles was dazu führt, dass man nicht mehr auf Augenhöhe miteinander arbeitet, sollte ausgeschaltet werden.
Geheimniskrämerei bringt einen nicht voran:
Die Grundlage in einer Vielzahl von Familienunternehmen ist Vertrauen. Die ganze Belegschaft ist eine Familie und man geht vertrauensvoll miteinander um. Allerdings gibt es auch hier Geheimnisse, weil man nicht jedem alles sagen möchte, da man in der Regel nicht weiß, wie sein Gegenüber mit der Information umgeht. Um die Geheimniskrämerei im Unternehmen zu minimieren, sollten in diesem Fall die Führungskräfte in Vorleistung treten und Informationen verteilen. So haben sie am Anfang erst einmal sehr viel erzählt, um Silos aufzubrechen. Themen waren beispielsweise, an welchen Projekten in der Gruppe gearbeitet wird, wie das aufgebaut werden soll und wie man sich vorstellt, miteinander zu arbeiten. Anschließend wurde das Gelebte nach außen getragen.
Eigene Strategie: Open Champions – so funktioniert’s:
Die Open-Champion-Methode ist auf dem Transformationsweg entstanden und wurde vom Hidden Champion inspiriert. Die Marantec Company Group will das Beste vom Hidden Champion übernehmen und natürlich Champion bleiben. „Hidden“ war aber nicht die Möglichkeit, wie sie in Zukunft weiterhin innovativ arbeiten möchten. Die Entwicklung hat mehrere Jahre gedauert und unterwegs wurden immer wieder Dinge angepasst, wenn es notwendig war und etwas nachgebessert werden musste.
Die Open-Champion-Methode fußt nun auf vier Säulen:
1. Das Beste vom Hidden Champion nutzen und Champion zu bleiben
2. Open Innovation: Innovationen finden nicht nur intern statt, sondern werden vor allem auch mit externen Partnern erschlossen. Der Erfahrung von Kerstin nach werden die Innovationen dann größer und besser.
3. Kooperationen: Bei einer Zusammenarbeit sollten alle Beteiligten etwas davon mitnehmen – eine echte Win-win-Situation
4. Leadership: Jeder im Unternehmen sollte befähigt werden, eigenverantwortlich und unternehmerisch unterwegs zu sein.
Wie weit ist die Marantec-Gruppe auf einer Skala von 1 bis 10 (10 = Open Champion)?
Kerstin berichtet scherzhaft, dass dies von der Tagesform abhängig ist. An manchen Tagen denkt man, alles ist fantastisch und man befindet sich bei einer 10,5, und am nächsten Tag denkt man sich: „Okay, es ist eher eine 2.“ Besser werden kann man immer und es verläuft in einer Art Wellenbewegung, aber realistisch betrachtet sind sie mittlerweile so weit vorne, dass es nicht mehr kippen kann. Aus realistischer Perspektive ordnet Kerstin es bei 5 ein.
Kann und sollte man die Unternehmenskultur verändern?
Kultur zu verändern beschreibt Kerstin als nahezu unmöglich. Zudem beschäftigt sie die Frage, ob dies überhaupt erstrebenswert ist. Schließlich gibt es Mitarbeiter, die schon sehr lange in dem Unternehmen arbeiten, und auch sie müssen in ihrer Kultur und in der Arbeit, die sie bisher verrichtet haben, wertgeschätzt werden. Deshalb spricht Kerstin lieber von der Veränderung des Mindsets. Als Mindset beschreibt sie die Regeln der Zusammenarbeit – also nach welchen Regeln man miteinander arbeiten möchte und welche Regeln gelten, wenn man etwas entscheiden und mitgestalten will.
Auf diese Weise kann jeder Mitarbeiter die Kultur leben, in der er sich wohl fühlt, und es kann die Vergangenheit geehrt und gleichzeitig die Zukunft gelebt werden. Die wichtigste Regel hierbei lautet: Toleranz. Talente sind erlaubt, aber keine Abwertung. Es gibt kein „Wir hören nicht hin“, weil jemand nicht studiert hat oder Ähnliches – jedem wird zugehört und jede Idee findet Gehör. Sie gibt deshalb allen Unternehmern mit, am Mindset zu arbeiten und nicht an der Kultur.
Wen involviert man in das wichtige Thema Strategie?
Der strategische Part gleicht in diesem Modell einem Rahmen, einer Vision. Wer wollen wir sein? Wie wollen wir sein und mit welchen Geschäftsfeldern möchten wir uns beschäftigen? Der Rahmen wird definiert und dann in die Organisation kommuniziert. Prinzipiell kann sich dann jeder an der Ausarbeitung der Strategie beteiligen. Die Führungskräfte überprüfen anschließend, ob die Ausarbeitungen zum Rahmen passen.
Bei Projekten gilt ein ähnliches Prinzip. Projekte werden in gewisser Weise ausgeschrieben. Die Führungskräfte haben schon im Kopf, zu wem das Projekt am besten passen würde, bleiben aber immer offen, wenn jemand gerne mitmachen möchte. Der Informationsfluss ist auch hier von besonderer Bedeutung. Jours fixes und Informationsaustausch bleiben der Schlüssel.
Was würde Kerstin nach sieben Jahren Erfahrung anders machen, wenn sie neu anfangen könnte?
Geschwindigkeit als Wert an sich: Sie würde alles viel schneller machen und sich weniger mit der Kultur aufhalten. Stattdessen würde sie eine Vision in das Mindset kippen. Sie würde weniger geduldig sein, wenn es darum geht, den Führungskräften Zeit zu geben, sich des Ganzen anzunehmen. Zudem würde sie sich schneller ein Team zusammenstellen, das alles unterstützt.
Die wichtigsten Tipps auf einen Blick:
Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Deshalb ist ein Miteinander im Mittelstand in Verbindung mit Start-ups für Kerstin unverzichtbar. Wenn jeder für sich arbeitet, dann wird viel Geld verloren. Um für die Herausforderungen der heutigen und zukünftigen Zeit gewappnet zu sein, muss man die „Wir machen alles allein“-Taktik aufgeben. Man sollte lernen, dass es nichts zu verlieren gibt, nur sehr viel zu gewinnen. „Wir haben selber schon genug Ideen“ ist ein Satz, den man sehr oft hört. Aber Kerstin glaubt nicht, dass die Ideen, die man alleine hat, so gut sind, dass man die Probleme in dieser Welt damit lösen kann. Deshalb legt sie Wert auf einen offenen und ehrlichen Austausch. Unternehmer müssen anfangen, diese Verantwortung zu übernehmen. Wenn man ein Unternehmen übernimmt, dann sollte man sich verpflichtet fühlen, zu gestalten und zu unternehmen und nicht zu verwalten. Man muss etwas verändern wollen und Ehrgeiz und Willen zum Anpacken im Gepäck haben.